EU: MEHR KONVENTIONELL, WENIGER BIO?
Mit einer gestern veröffentlichten Richtlinie (Richtlinie 2015/652 „zur Festlegung von Berechnungsverfahren und Berichterstattungspflichten gemäss der Richtlinie 98/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen“) erlaubt es die EU ab 2020, Emissionsminderungen bei der Erdölförderung an Ziele zur Minderung von Treibhausgasen im Kraftstoffbereich anzurechnen. Der Klimabeitrag innerhalb der EU ist dabei kritisch zu betrachten, da der Großteil außerhalb Europas gefördert wird.
Um die Parisziele zu erreichen, sind Mineralölunternehmen in Europa verpflichtet, die Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) ihrer in Verkehr gebrachten Kraftstoffe zu reduzieren. Erreicht werden sollten diese Emissionsminderungen ursprünglich durch den Einsatz erneuerbarer Energien, die nach und nach die klimaschädlichen konventionellen Kraftstoffe ersetzen sollen.
Nun hat die EU für ab 2020 alternative Optionen zur Erfüllung der Minderungspflichten eingeführt: Upstream Emissions Reductions (UER) – das sind Emissionsminderungen bei der Förderung von Erdöl als Rohstoff für Otto-, Flüssiggas- und Dieselkraftstoffe. Dazu zählen zum Beispiel Effizienzgewinne durch das Vermeiden des Abfackelns von Begleitgasen („Flaring“).
Die Klimawirkung von UER-Projekten für die europäische Union wird allerdings verschwindend gering ausfallen. Zum einen wird Erdöl nur zu einem marginalen Teil in Europa gefördert. Daher ist fraglich, inwiefern die erzielten Emissionseinsparungen, sofern sie außerhalb von Europa erzielt wurden, an europäische und nationale Ziele anrechenbar sein sollen. Hinzu kommt: Die Anrechnung von UER-Projekten steht dem Ausbau der Nutzung erneuerbarer und biogener Kraftstoffe entgegen. Denn: Ziel der THG-Quote bei ihrer Einführung war es schließlich, Emissionen durch den Einsatz nachhaltiger Kraftstoffe zu reduzieren und damit die europäischen Straßen zu dekarbonisieren. Wenn UER angerechnet werden können, müssen weniger Biokraftstoffe eingesetzt werden – und die Verkehrswende erfährt somit einen Rückschlag.
Zwar ist es lobenswert, dass Emissionsreduktionen auch bei der Erdölgewinnung gefördert werden. Doch sollten diese als zusätzliche Maßnahme gehandelt werden, um weitere Einsparungen zu erzielen. Nicht hingegen sollten sie Teil der Klimaziele des europäischen Verkehrs werden, wo es effektiv keine positiven Auswirkungen erzielt. Die Richtlinie 2015/652/EG und damit die Öffnung der Optionen zur Erreichung der THG-Reduktionen im Verkehr ist bis spätestens April 2017 in nationales Recht umzusetzen. Dabei lässt die EU den Mitgliedsstaaten einen gewissen Spielraum. Ob und inwiefern Deutschland UER als Option zur Anrechnung an die Klimaziele des Verkehrs annimmt, ist noch offen.
HINTERGRUND
Die Europäische Union gibt in der Erneuerbare-Energien-Richtline (RED) von 2009 vor, dass jeder Mitgliedsstaat bis 2020 mindestens 10 % des Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor aus erneuerbaren Quellen erreicht. Zudem legt die EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie fest, dass die Treibhausgasemissionen aus Kraftstoffen bis 2020 um mindestens 6 % sinken sollen.
In Deutschland werden diese EU-Richtlinien über das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt. Dazu hat die Bundesregierung seit diesem Jahr Treibhausgasminderungsquoten (THG-Quoten) festgelegt: Unternehmen der Mineralölwirtschaft sind verpflichtet, die THG-Emissionen der von ihnen in Verkehr gebrachten Kraftstoffe zu reduzieren: 2017 bis 2019 um 4 % und ab dem Jahr 2020 um 6 %.
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WEITERFÜHRENDE LINKS
- Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) (2009)
- Richtlinie 2015/652 „zur Festlegung von Berechnungsverfahren und Berichterstattungspflichten gemäß der Richtlinie 98/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen“ (2015)
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