UER: DIE GRÜNEN STELLEN KLEINE ANFRAGE
Abgeordnete des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellten Ende Januar eine Kleine Anfrage zur Anrechnung von Treibhausgasemissionsminderungen in der Umsetzung einer EU-Richtlinie. Kernpunkt der Anfrage war die Anrechnung von Reduktionen bei der Erdölförderung (Upstream-Emissions-Reductions, UER) außerhalb der EU auf die Klimaziele der EU und Deutschlands. Die Regierung veröffentlichte nun ihre Antworten.
In ihrer Kleinen Anfrage äußerte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bedenken an der Anrechnung von UER an die Treibhausgasminderungsziele der Europäischen Union. Zum einen wirft die Fraktion die Frage nach dem Klimabeitrag in der EU auf. Da Erdöl nur zu einem geringen Teil in der EU selbst gefördert wird, werden die Einsparungen durch UER zum größten Teil außerhalb der EU erbracht – und haben damit kaum Auswirkungen auf die Reduktion klimaschädlicher Treibhausgase innerhalb der EU.
Zum anderen stellen die Grünen die Frage nach der Berechnung. „Die Wahl der Berechnungsmethoden […] entscheidet mit über die Frage der Zukunft von Biokraftstoffen im Kraftstoffmarkt“, heißt es in der Vorbemerkung der Fragesteller. Denn: Die Option, UER an die Treibhausgasminderung anzurechnen, reduziert gleichzeitig die Anreize zum Einsatz von Bio- und anderen alternativen Kraftstoffen anstelle fossiler Diesel-, Otto- und Flüssiggaskraftstoffe. Die Frage, ob eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gegenüber erneuerbaren Energien gesehen wird, verneint der Bund in ihrer Antwort (Frage 8).
Die EU-Richtlinie 2015/652/EG in Deutschland umzusetzen, plane die Bundesregierung auf dem Verordnungsweg gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) bis März 2017. Anhörungen der Länder und Verbände seien für September diesen Jahres geplant.
Weiterhin beantwortet die deutsche Regierung unter anderem Fragen zum Potenzial von UER, zur Validierung von Projekten und tatsächlichen Einsparungen sowie der Anrechnung von außerhalb der EU erzielten Minderungen mittels UER-Projekten. Die vollständige Antwort des Bundes inklusive Fragestellungen finden Sie hier.
HINTERGRUND
Die Europäische Union gibt in der Erneuerbare-Energien-Richtline (RED) von 2009 vor, dass jeder Mitgliedsstaat bis 2020 mindestens 10 % des Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor aus erneuerbaren Quellen erreicht. Zudem legt die EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie fest, dass die Treibhausgasemissionen aus Kraftstoffen bis 2020 um mindestens 6 % sinken sollen.
In Deutschland werden diese EU-Richtlinien über das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt. Dazu hat die Bundesregierung Treibhausgasminderungsquoten (THG-Quoten) festgelegt: Unternehmen der Mineralölwirtschaft sind verpflichtet, die THG-Emissionen der von ihnen in Verkehr gebrachten Kraftstoffe zu reduzieren: 2017 bis 2019 um 4 % und ab dem Jahr 2020 um 6 %. Dazu war vorgesehen, dass anteilig Biokraftstoffe eingesetzt werden – bis jetzt.
Im April 2015 erweiterte der Europäische Rat mit der Richtlinie 2015/652/EG zur Festlegung von Berechnungsverfahren gemäß der EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie für ab 2020 die Optionen, diese Quotenverpflichtungen zu erfüllen. Zum einen werden neben Bio- auch nicht biogene, zum Beispiel strombasierte Kraftstoffe zugelassen, um die Minderungsziele zu erreichen. Doch über erneuerbare Alternativen hinaus haben Mineralölunternehmen nun auch die Möglichkeit, durch die Reduktion von Emissionen bei der Erdölförderung die THG-Minderungsziele im Kraftstoffbereich zu erreichen.
Die Richtlinie 2015/652/EG ist bis spätestens April 2017 in nationales Recht umzusetzen. Dabei lässt die EU den Mitgliedsstaaten einen gewissen Spielraum. Ob und inwiefern Deutschland UER als Option zur Anrechnung an die Klimaziele des Verkehrs in die nationale Gesetzgebung aufnimmt, ist noch offen. Genaueres über das weitere Vorgehen ist ab September 2015 zu erwarten, wenn die Anhörungen zum Thema vonstattengehen.
WAS SIND UPSTREAM-EMISSIONSREDUKTIONEN (UER)?
UER sind, so definiert es das Umweltbundesamt, THG-Emissionen, die vermieden werden, bevor Rohstoffe für Otto-, Diesel- und Flüssiggaskraftstoff in eine Raffinerie gelangen. Darunter fallen z.B. Emissionsreduktionen durch das Vermeiden des Abfackelns von Begleitgasen bei der Förderung von Erdöl. Der Großteil der Erdölförderung findet jedoch außerhalb der EU statt. Damit halten sich die tatsächlichen THG-Minderungen in Europa in Grenzen.
Bildquelle: Robert Leßmann / stock.adobe.com
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WEITERFÜHRENDE LINKS
- Richtlinie (EU) 2015/652 des Rates vom 20. April 2015 zur Festlegung von Berechnungsverfahren und Berichterstattungspflichten gemäß der Richtlinie 98/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen (24.05.2015)
- Umweltbundesamt: Projekte im Kraftstoffsektor (07.10.2019)
- Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) (2009)