AN DER GRENZE ABGEWIESEN: ZOLL LEHNT KRAFTSTOFFBIOMETHAN AUS EU-AUSLAND AB
Der Bereich Biokraftstoffquote des Hauptzollamts (HZA) lehnte Anfang des Monats Biomethan für den Einsatz im deutschen Kraftstoffsektor aus dem europäischen Ausland ab. Als Kraftstoff sollte es hierzulande die Dekarbonisierung des Verkehrs unterstützen. Mit der Ablehnung verstößt das HZA gegen europäische Rechtssprechung.
Sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene wird der europaweite Handel grüner Verkehrsträger wie Biomethan befürwortet. Das hat zuletzt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestätigt, das 2017 grundsätzlich den grenzüberschreitenden Handel von Biomethan über das Gasnetz erlaubte. Mit der europäischen Rechtssprechung importierte Landwärme grünes Gas aus Ungarn, um es in Deutschland im Kraftstoffsektor einzusetzen. Nun lehnte das HZA jedoch die eingeführten Mengen für die Anrechnung an die Treibhausgasminderungsquote ab – trotz EuGH-Urteil. Dem EuGH-Beschluss folgend haben andere Mitgliedsstaaten wie Schweden und das Vereinigte Königreich bereits ihre Importpraxis geändert.
Im Gespräch mit dem Bundesumweltministerium, das die Biokraftstoffquotenstelle beaufsichtigt, signalisierte man im Nachgang zur Ablehnung in Gesprächen grundsätzliche Unterstützung für das Vorhaben, Biomethan als Kraftstoff voranzutreiben. Dennoch kommt es beim Import von Biomethan im Vergleich mit anderen Biokraftstoffen wie Biodiesel zu einer benachteiligten Rolle beim Import. Der Importanteil anderer Biokraftstoffe in Deutschland hat sich in Summe von 58,1 % im Jahr 2015 auf 68,7 % im Jahr 2016 und 75,1 % im Jahr 2017 erhöht. Der Import von Biomethan sollte vor diesem Hintergrund nachziehen.
Landwärme hat nun Einspruch gegen den Bescheid des HZA eingelegt.
HINTERGRUND: IMPORTBESCHRÄNKUNG VON BIOMETHAN ALS KRAFTSTOFF
Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED) von 2009 gibt vor, dass jeder Mitgliedsstaat bis 2020 mindestens 10 % des Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor aus erneuerbaren Quellen erreicht. Zudem legt die EU-Kraftstoffqualitätsrichtlinie fest, dass die Treibhausgasemissionen aus Kraftstoffen bis 2020 um mindestens 6 % sinken sollen.
In Deutschland werden diese EU-Richtlinien über das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt. Dazu hat die Bundesregierung Treibhausgasminderungsquoten (THG-Quoten) festgelegt: Unternehmen der Mineralölwirtschaft sind verpflichtet, die THG-Emissionen der von ihnen in Verkehr gebrachten Kraftstoffe zu reduzieren: von 2015 bis 2017 um 3,5 %, 2017 bis 2019 um 4 % und ab dem Jahr 2020 um 6 %. Dazu ist vorgesehen, dass anteilig Biokraftstoffe eingesetzt werden (Biokraftstoffquote).
Bereits 2012 ebnete die EU mit der Entscheidung, REDcert als europaweites Zertifizierungssystem für nachhaltige Biomasse anzuerkennen, den Weg in Richtung eines einheitlichen europäischen Marktes für Biokraftstoffe. Der Import von Biomethan über das Gasnetz nach Deutschland ist jedoch derzeit eingeschränkt. Biomethan für die Nutzung im Kraftstoffsektor und damit für die Anrechnung auf die Biokraftstoffquote einzuführen ist zwar zulässig, der Grenzübertritt nach Deutschland darf jedoch nicht über die Gasleitung erfolgen. Das stellt Biomethan vor ein Problem, denn: Biomethan – chemisch identisch mit Erdgas – wird, ebenso wie Erdgas selbst, ausschließlich über das Gasnetz transportiert und nicht mit LKWs und Zügen. Zudem wird es während des Transports über das Netz jederzeit von durch die EU anerkannten Nachhaltigkeitsnachweisen begleitet. Damit hält Biomethan, das nach REDcert-EU oder ISCC zertifiziert ist, das vom EuGH geforderte Prinzip der Massenbilanzierung ein. Indem die Anrechnung von über das Gasnetz transportiertem Biomethan im Kraftstoffmarkt nicht zugelassen ist, ist der Import von Biomethan für diesen Einsatzmarkt bislang faktisch nicht umsetzbar.
Im Juli 2017 kam jedoch Hoffnung auf: Der EuGH urteilte in einem schwedischen Fall, dass der Import von Biomethan über das Gasnetz grundsätzlich erlaubt sein muss. Einige Länder änderten daraufin ihre Importpraxis. Deutschland hat den Beschluss der höchsten EU-Richter bislang noch nicht umgesetzt.
BIOMETHAN ALS KRAFTSTOFF
Das grüne Gas Biomethan ist chemisch identisch zu Erdgas – die Herkunft macht den Unterschied. Im Gegensatz zu fossilem Erdgas, durch dessen Förderung große Mengen CO2 aus den tieferliegenden Erdschichten freiwerden, wird bei Biomethan nur Energie genutzt, die ohnehin schon vorhanden ist: Biomethan entsteht durch die Vergärung von organischen Rest- und Abfallstoffen aus der Landwirtschaft oder der Biotonne in der Biogasanlage. Im zweiten Schritt wird das Gas gereinigt und somit auf die gleiche Beschaffenheit wie Erdgas aufbereitet. Damit können Erdgasautos ohne technische Änderungen problemlos auch Biomethan tanken. Mit Biomethan unterstützen Autofahrende zum einen Kreislaufwirtschaft, denn wir nutzen nur Energie, die in den Bioabfällen und Reststoffen schlummert. Damit wird kein weiteres klimaschädliches CO2 freigesetzt. Zum anderen entlastet es die Umwelt um Rußpartikel und Feinstaub. Die sind bei Biomethanautos nämlich unbedeutend gering. Außerdem stoßen Autos mit Biomethan im Tank 90 % weniger CO2 aus als ein Benziner.
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WEITERFÜHRENDE LINKS
- Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: Nachhaltige-Biomasse-System (Nabisy)
- Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: EU-Richtlinie für Eneuerbare Energien
- Deutsche Energie-Agentur (dena): Biomethan
- Dienstvorschrift des Zolls zur Überwachung der Einhaltung der Treibhausgasminderung (DV THG-Quote) (PDF-Download)
- Erneuerbare-Energien-Richtline (RED) der EU (2009)
- Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (BImSchG)
- Hauptzollamt Frankfurt (Order): Allgemeine Informationen zur Treibhausgasquote
- REDcert. Gesellschaft zur Zertifizierung nachhaltig erzeugter Biomasse e.V.
- Europäischer Gerichtshof (EuGH): C-549/15 – E.ON Biofor Sverige (22.06.2017)