KWKG: Überförderung fossiler Energieträger zu lasten des EEG
Vom Regen in die Traufe: Anstatt auf Erneuerbare setzt die Bundesregierung mit dem KWKG 2020 weiter auf fossile Energieerzeugung und bezuschusst die Umstellung von Kohle auf Erdgas mit Millionen. Anreize für die dringend notwendige Einbindung von erneuerbaren Energien wurden nicht gesetzt. Die Bundesregierung macht damit eindeutig klar, dass sie Erdgas als längere Übergangslösung der Energiewende sieht. Diese Konterkarierung des Ziels der europäischen Klimaneutralität in 2050 ist unverständlich angesichts der längst bekannten und wissenschaftlich belegten dramatischen und existenzbedrohenden Folgen des Klimawandels.
„Clean Energy“ lautet eigentlich eines der Ziele des EU Green Deals. Umweltgefährdende Subventionen, einschließlich derer für fossile Brennstoffe, sollten vor diesem Hintergrund schrittweise heruntergefahren werden, um Investitionen in nachhaltige erneuerbare Energieinfrastrukturen zu ermöglichen. Davon unbeeindruckt setzt die Bundesregierung mit einer am 03. Juli 2020 verabschiedeten Novelle das Fördersystem des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) fort, einem Konkurrenzsystem zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Das KWKG macht durch seine Fördermechanismen den Einsatz von fossilem Erdgas wirtschaftlicher als den von erneuerbaren Energieträgern wie Biomethan und steht damit der Energiewende im Wege. Unabhängig davon ist eine staatliche Förderung des fossilen Energieträgers Erdgas nicht erforderlich. Die erst kürzlich verabschiedete Novellierung des KWKG-Fördersystems wirft vor dem Hintergrund sich immer verschärfender EU-Klimaziele einmal mehr die Frage nach der Rechtmäßigkeit und Existenzberechtigung des Gesetzes auf.
Unnötige Förderung fossiler Energieträger zu lasten Erneuerbarer Energien
Staatliche Fördersysteme sind darauf ausgelegt, wichtige Investitionsanreize zu schaffen, die der Markt nicht alleine bewirken kann. Entsprechende Investitionsanreize wurden durch die Einführung des KWKG für KWK-Anlagen erzeugt, die seit jeher als besonders effizient und umweltfreundlich gelten – vor allem im Vergleich zu konventionellen Anlagen für die reine Stromerzeugung, in denen die anfallende Wärme ungenutzt bleibt.
Der Haken am KWKG: Hauptprofiteur dieses Fördersystems ist der fossile Brennstoff Erdgas. Die Einbindung von erneuerbaren Energien in den Betrieb einer vom KWKG geförderten KWK-Anlage ist zwar zulässig, bietet allerdings keinen Ausgleich für die höheren Brennstoffkosten gegenüber der mit Erdgas betriebenen KWK-Anlagen. Damit macht es den Einsatz von Biomethan als grüne Alternative weniger attraktiv. Darüber hinaus enthält das KWKG 2020 ebenso wie seine Vorgängerversionen diverse zusätzliche Vergütungsbestandteile, die es in der Förderung erneuerbarer Energien im EEG so nicht gibt. Dazu zählen unter anderem zusätzliche Boni wie zum Beispiel der Kohleausstiegs- oder Südbonus oder eine nicht geregelte Degression der Fördersätze, anders als im EEG.
Während die Förderung der Energiebereitstellung durch fossile Brennstoffe in ihren Anfängen sicher eine Existenzberechtigung vorweisen konnte, sinken seit Jahren die Erdgaspreise beständig – bei gleichzeitig steigenden Strompreisen. Erdgas ist ein etablierter Energieträger, der im Sinne der oben angeführten Investitionsanreize zur Marktreife keiner weiteren Förderung bedarf. Hinzu kommt, dass mit dem Ausstieg aus der Kohle- und Atomverstromung die Wettbewerbsfähigkeit der Stromerzeugung durch Erdgas in der KWK deutlich steigen wird.
Erneuerbare Energien stehen bekanntlich in Konkurrenz mit den fossilen, können aber in der Wirtschaftlichkeit ohne entsprechende Bezuschussungen derzeit noch nicht mithalten. Mit dem KWKG wurde nun ein Gesetz novelliert, das diesen Effekt weiter verstärkt. Es führt allein dazu, dass es wirtschaftlich vorteilhafter ist, KWK-Anlagen mit Erdgas als mit erneuerbaren Energien zu betreiben. Das verlängert die Nutzung fossiler statt erneuerbarer Brennstoffe – mit katastrophalen Auswirkungen für das Klima. Dabei stehen erneuerbare Energieträger wie Biomethan bereit, die bereits heute statt Erdgas genutzt werden können.
Zudem steigen die Fördersätze im KWKG seit Jahren signifikant an – ohne jeglichen potenziell regulierenden Mechanismus, der bei weiter sinkenden Erdgaspreisen eingreifen könnte. Dabei hatte die Europäische Kommission dazu bereits im Jahre 2014 einen Beschluss zum Thema Überprüfung des EEG 2014 wie folgt ausgeführt:
„Deutschland hat sich verpflichtet, die Produktionskosten jährlich zu überwachen, um zu prüfen, ob die automatische Anpassung angemessen ist und nicht zu einer Überkompensation führt.“
Dass ein solcher Änderungsmechanismus, der auf die Veränderungen der Marktlage reagieren könnte, im KWKG nicht vorgesehen ist, ist also auch aus europarechtlicher Sicht problematisch.
Unvereinbarkeit mit europarechtlichen Beihilferegelungen und dem ziel der Klimaneutralität 2050
Staatliche Fördersysteme müssen sich immer auch an den beihilferechtlichen Regelungen der Europäischen Union, im Bereich von Energiebeihilfen speziell an den Leitlinien der Europäischen Kommission für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen messen lassen und angemessen sein.
Staatliche Beihilfen sind nach den Vorgaben der Europäischen Kommission nur dann angemessen, wenn durch diese ein betriebswirtschaftlicher Ausgleich der Investitionen erfolgen soll, der ohne staatliches Eingreifen am Markt nicht möglich wäre. Wie bereits dargestellt sind aufgrund der Preisentwicklung und durch den Atom- und Kohleausstieg staatliche Fördermaßnahmen für erdgasbetriebene KWK-Anlagen nicht mehr erforderlich. Das Ziel der staatlichen Förderung fossiler Energieträger ist damit nicht nur bereits erreicht, sondern auch aus europarechtlicher Sicht längst überschritten und resultiert in einer Überförderung.
Staatliche Beihilfen gelten auch nur dann als angemessen, wenn sie einem Ziel von allgemeinem Interesse dienen. Als Ziel von allgemeinem Interesse nennt die Europäische Kommission Fördermaßnahmen, die zu einem höheren Umweltschutzniveau beitragen. Maßnahmen wie das Fördersystem des KWKG, die fossile den erneuerbaren Energieträgern vorziehen, stehen diesem Ziel offenkundig entgegen. Die Europäische Kommission hat bereits in einer Entscheidung aus dem vergangenen Jahr zu staatlichen Beihilfen Polens für Fernwärmesysteme, die Wärme überwiegend durch Einsatz von fossilen Brennstoffen erzeugen, erhebliche Zweifel an deren Angemessenheit geäußert, da dadurch der Einsatz fossiler Brennstoffe verlängert werden und dies gegen jedes Umweltziel wirken könnte.
Die Energiewende lässt sich nur erreichen, wenn tatsächlich eine Wende vollzogen wird – von Subventionen in fossile Brennstoffe hin zu Investitionen in nachhaltige, erneuerbare Energieinfrastrukturen. Diesbezügliche Forderungen finden sich bereits in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 23. Mai 2013.
Währenddessen wird in Deutschland die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung unter Zuhilfenahme fossiler Energieträger wie Erdgas weiter ausgebaut, anstatt den Einsatz von erneuerbaren Alternativen wie Biomethan voranzutreiben – zu Lasten erneuerbarer Energieträger, zu Lasten des Klimas und zu Lasten unseres Lebensraumes.
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Weiterführende Links
- Europäische Kommission: Beschluss C(2014) 5081 final vom 23. Juli 2014 in der Beihilfesache SA.38632 (2014/N) – Deutschland EEG 2014
- Europäische Kommission: Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020
- Europäische Kommission: Verfahren bezüglich der Durchführung der Wettbewerbspolitk – Staatliche Beihilfen — Polen, Dezember 2019
- Europäischer Rat: Tagung vom 22. Mai 2013, Schlussfolgerungen vom 23.Mai 2013
- Referentenentwurf zum Kohleausstiegsgesetz