Verkehr: BMU setzt alles auf die Elektrokarte
Die Elektromobilität soll mit den neuen BMU-Entwürfen zur RED-II-Umsetzung weiterhin mehrfach auf die Treibhausgasminderung angerechnet werden. Wenn die THG-Quote nicht angehoben wird, bedeutet das das Aus für andere erneuerbare Kraftstoffe und den Klimaschutz im Verkehr.
Das erst im letzten Winter verabschiedete deutsche Klimaschutzgesetz sieht eine Emissionsminderung im Verkehr um bis zu 55 Mio. t CO2eq vor. Die steht jedoch auch mit den überarbeiteten Entwürfen des Bundesumweltministeriums (BMU) zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) auf der Kippe. Das liegt daran, dass das BMU Mehrfachanrechnungen für die Elektromobilität plant.
Strom als Antriebsenergie soll nach aktuellem Stand dreifach auf die THG-Quote angerechnet werden. Die Mehrfachanrechnungen funktionieren wie folgt: Mineralölunternehmen, die der Verpflichtung unterliegen, die Treibhausgase ihrer in Verkehr gebrachten Kraftstoffe zu reduzieren, können weniger für mehr verkaufen. Die Konzerne können diese Pflicht zur Reduktion ihrer Kraftstoffemissionen auch mit dem Fahrstrom aus öffentlichen und privaten Ladepunkten erfüllen. Diesen Autostrom können sie sich gleich mehrfach als Erfüllungsoptionen anrechnen lassen. Das sind also nur Luftbuchungen, die dann in der Summe keine Emissionen einsparen.
Durch den Hochlauf der Elektromobilität in den kommenden Jahren – die Bundesregierung geht von 10 Mio. E-Autos in 2030 aus – steht den Mineralölunternehmen auch immer mehr Autostrom dazu zur Verfügung. Da sie mit weniger Energie leichter ihren Pflichten nachkommen können, wird der Einsatz anderer Erneuerbarer wie Biokraftstoffe nicht mehr notwendig. Das führt somit zu einer Verdrängung der Biokraftstoffe – dem derzeit wichtigen Apparat für Klimaschutz im Verkehr. Über 90 % der Erneuerbaren in diesem Sektor machen Biodiesel und Bioethanol als Substitut von fossilem Mineralöl aus. Das BMU kann auf diesen Beitrag nicht verzichten, wenn es die Emissionsziele aus dem Klimaschutzgesetz einhalten möchte.
Mit Mehrfachanrechnungen will das BMU dem Hochlauf der E-Mobilität Aufwind geben. „Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, effiziente Antriebe zu fördern“, sagt Zoltan Elek, Geschäftsführer des Biomethanhandelsunternehmens Landwärme. „Gleichzeitig dürfen aber andere, ebenso wichtige und dringend notwendige Antriebsenergien nicht auf der Strecke bleiben. Deshalb ist auch der neue Entwurf des BMUs noch nicht ambitioniert genug. Wenn die Mehrfachanrechnung für Strom bestehen bleiben soll, muss die THG-Quote weiter angehoben werden. Nur so haben Biokraftstoffe eine Chance, weiterhin ihren wichtigen Klimabeitrag zu leisten.“ Denn: Trotz Hochlauf der E-Mobilität werden 2030 noch über 35 Mio. Verbrenner unterwegs sein – davon geht selbst die Bundesregierung aus. In zehn Jahren stehen also ca. 10 Mio. E-Autos (Annahme des BMUs) mehr als 35 Mio. Verbrennern gegenüber. Dass der Kfz-Bestand im Klimaschutz einbezogen werden muss, liegt also auf der Hand. Das geht nur über den Kraftstoff – und dazu sind die Biokraftstoffe unerlässlich. „Denn wir dürfen eines nicht vergessen: Weniger Bio im Diesel oder Benzin bedeutet mehr fossiles Mineralöl“, macht Elek deutlich.
Der Landwärme-Chef resümmiert: „Wir können im Klimaschutz nicht alles auf eine Karte setzen. Das funktioniert nicht. Wir müssen Anstrengungen bündeln, wenn wir den Kampf gegen den Klimawandel gewinnen wollen. Wir brauchen alle zur Verfügung stehenden Optionen, um Emissionen zu senken: Mehr ÖPNV, autofreie Städte, die Elektromobilität und vor allem brauchen wir Lösungen im Kraftstoff. Das Auto wird auch in Zukunft noch eine zentrale Rolle spielen. Wenn es keine drastischen Regelungen wie Fahrverbote oder Tempolimits geben soll, müssen wir im Kraftstoff ansetzen. Daher ist es umso wichtiger, das effektive Instrument der THG-Quote in seinem vollen Potenzial zu nutzen, um die Emissionen des Verkehrs schnell zu senken“.
Bildquelle: Jannes Glas / unsplash.com
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