Pome: Kuckucksei unter den Biokraftstoffen – klammheimlich mehr Palmöl im Tank?
In der Umsetzung der zweiten europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II-Richtlinie) setzt die Bundesregierung weiterhin auf Palmöl und Nebenprodukte im Verkehr. Abwasser aus Südostasien, sogenanntes „POME“, soll in Deutschland als fortschrittlicher Kraftstoff eingesetzt werden können. Das hält die Hintertür für Palmölimporte weiter offen, verdrängt nachhaltige europäische Kraftstoffe wie Biomethan und beschädigt den Ruf einer ganzen Branche.
Fatale Förderung: Pome soll nachhaltiger Biokraftstoff sein
Eigentlich soll die RED-II-Richtlinie den Einsatz erneuerbarer Energien gerade im Verkehrsbereich fördern, einem der Sektoren, die beim Klimaschutz hinterherhinken. Doch in die bereits hitzige Diskussion über die besondere Förderung der Elektromobilität mittels Mehrfachanrechnungen, die andere Verkehrsträger zu verdrängen droht und die Dekarbonisierung im Verkehr verhindert, reiht sich ein weiteres Problem: Mit den Regelungen von Bundesumweltministerin Svenja Schulze zum Einsatz von Abwasser aus der Palmölproduktion (POME, kurz für: Palm Oil Mill Effluent) im Kraftstoffsektor hagelt es erneut Kritik. Denn damit akzeptiert Deutschland die von der EU-Kommission getroffene Einstufung von POME als Ausgangsstoff für fortschrittlichen Biokraftstoff. Unverständlich auch aus Sicht der Unionspolitik – selbst die CDU/CSU-Fraktion vermisst die klimaschützenden Ambitionen der Ministerin. Andere EU-Länder wie Frankreich, Österreich oder die Niederlande gehen strikter vor und verbieten die Nutzung von Palmöl bereits jetzt. Hierzulande kann POME hingegen noch weiter auf die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) angerechnet werden. Mengenmäßig hat POME das Potenzial, eine Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe europaweit in Höhe von über 2 % zu erfüllen, belegt eine Marktanalyse von Charles Jans von Argus Media aus 2019. Damit steht der Ausgangsstoff in direkter Konkurrenz zu nachhaltigen Alternativen wie fortschrittlichen Biokraftstoffen und solchen aus Rest- und Abfallstoffen.
Deutschland als Treiber der Palmölproduktion
Der Stoff aus dem Dschungel hat gleich mehrere Haken. Neben der ohnehin unbestreitbar schädlichen Palmölproduktion an sich verunreinigt das ölhaltige Abwasser zusätzlich die umliegende Fauna und Flora an den Ölplantagen. Ein Großteil des POME wird gesammelt und auf dem Seeweg nach China transportiert. Eine weitere Belastung für das Weltklima. Dort werden daraus HVO (Hydrierte Pflanzenöle) bzw. Biodiesel hergestellt, die dann wiederum ein weiteres Mal per Schiff weiter verfrachtet werden – in die EU. Hierzulande und bei unseren europäischen Nachbarn wird der Biodiesel dann als Beimischung im Kraftstoff eingesetzt. Zusätzlich feuert die doppelte Anrechnung von aus POME hergestelltem Biokraftstoff nicht nur die Palmölproduktion an, sondern lässt das ölhaltige Abwasser noch attraktiver werden. Mit der Förderung von POME im Rahmen der THG-Quote werden Produzierende in Asien dazu verleitet, mehr Abwasser zu produzieren, indem sie Palmöl zum Abfallprodukt beimischen. Somit wird Deutschland zum Treiber für den umweltschädlichen Anbau von Monokulturen und eines lukrativen Geschäfts mit Palmöl und dessen klimaschädlichen Nebenprodukten.
Wenn Palmöl, dann wenigstens nachhaltig
Deutlich nachhaltiger wäre es, das entstehende Abwasser aus der Palmölproduktion vor Ort zu nutzen. Durch deren Verwendung in einer Biogasanlage etwa könnte daraus lokal Strom und Wärme erzeugt werden. Diese Energie würde dann wiederum zur Versorgung der Produktionsanlage dienen. Das wäre gelebte Kreislaufwirtschaft: Der auf diese Weise entstehende nachhaltige Kreislauf würde schädliche Nebenprodukte nicht in die Umwelt gelangen lassen, sondern weiterverwerten. Noch besser natürlich: Gänzlich auf Palmölprodukte verzichten.
Verdacht: Palmöl als Kuckucksei nachhaltiger Biokraftstoffe
Der Phaseout von Palmöl bis 2026 ist eigentlich beschlossene Sache. Nebenprodukte wie POME dürfen keine Hintertür bieten, findet auch eine Vielzahl an Bioenergieverbänden. Die derzeitigen Pläne und gesetzlichen Regelungen würden diesen hingegen konterkarieren und wären auch ein herber Schlag für Produzierende fortschrittlicher Kraftstoffe hierzulande. Denn während diesen vermehrt Steine in den Weg gelegt werden, profitieren Palmölimportierende von der Nachsichtigkeit des Bundesumweltministeriums (BMU). Verbio-Chef Claus Sauter äußerte bereits den Verdacht, das umweltschädliche Palmölabwasser sei absichtlich als nachhaltiger Rohstoff deklariert worden, um damit später dem Ruf der (fortschrittlichen) Biokraftstoffe zu schaden.
Weltklima lässt sich so nicht retten
Die konstant laute Kritik an der Umsetzung der RED II – Richtlinie verdeutlicht: An den Entwürfen muss weiter nachgebessert werden. Vor allem für die in den nächsten Jahrzehnten immer noch präsenten Verbrennungsmotoren müssen nachhaltige Kraftstofflösung wie beispielsweise Biomethan gefördert werden. Die Diskreditierung der Biokraftstoffbranche durch vermeintlich nachhaltige Rohstoffe wie POME führt unmittelbar zu mehr anstatt weniger Emissionen im Verkehrssektor.
Bildquelle: Tamba Budiarsana / pexels.com
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- FNR: Hydrierte Pflanzenöle (2021)