Stilllegungsnachweise im EEG 2021: Ein Konstruktionsfehler und seine Folgen
Die Biogasbranche zog bereits eine gemischte Bilanz für das EEG 2021. Das Reparaturgesetz, das noch im Mai im Bundestag beschlossen werden soll, enthält nach wie vor eine Fehlkonstruktion rund um die sog. Stilllegungsnachweise. Sie sind für die Biomethanbranche jedoch von zentraler Bedeutung – sichern sie doch einem ganzen Industriezweig ihre Planungssicherheit und Rentabilität auch für die kommenden Jahre.
Der Konstruktionsfehler und seine fatalen Folgen
Nach Inkrafttreten des EEG 2021 trat Verwirrung auf: Einzelnen Interpretationen der neuen Regelungssystematik in den Übergangsvorschriften des EEG 2021 zufolge bleibt die Möglichkeit, ältere BHKW von Erdgas auf Biomethan mittels Stilllegungsnachweisen umzustellen, versperrt. Da in den Gesetzgebungsmaterialien jedoch keinerlei Anhaltspunkte zu finden waren, die darauf schließen lassen, dass der Gesetzgeber den Schutz von bestehenden Biomethananlagen abschaffen wollte und Formulierungen in der Marktstammdatenregisterverordnung weiterhin auf die entsprechende Übergangsvorschrift verweisen, könne es sich demnach nur um einen Konstruktionsfehler handeln. Gerade zu diesem Zweck war der Passus zu den Stilllegungsnachweisen im EEG immerhin eingeführt worden. Dieser Fauxpas sollte im Rahmen des Korrekturgesetzes zum EEG 2021 umgehend behoben werden. Denn klar zu sein scheint, dass die Umstellungsmöglichkeit mittels Stilllegungsnachweisen nicht aufgrund des Willens des Gesetzgebers abgeschafft wurde, sondern versehentlich aufgrund eines handwerklichen Fehlers verloren ging. Der Verlust dieser Umstellungsmöglichkeit im EEG 2021 ist jedoch nicht nur aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten äußerst kritisch, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen und mit Blick auf den Vertrauensschutz fatal.
Da auch aus den Unterlagen zum Gesetzgebungsprozess für das EEG 2021 nicht die Absicht erkennbar war, dass die Regelung abgeschafft werden sollte, waren führende Biomethanversorger in Zusammenarbeit mit Stadtwerken bereits in Planung zur Umstellung von Erdgas-BHKW auf Biomethan zur Erzeugung erneuerbarer, grüner Wärme. Und das in der Größenordnung von über 20 MWel für das Jahr 2021. Im Vertrauen darauf, dass die Regelung auch im EEG 2021 weiterhin Anwendung findet, wurden hierfür bereits erhebliche Investitionen für Kraftwerks- und Anlagentechnik getätigt, Zulieferfirmen beauftragt und Baumaßnahmen begonnen, z.T. bereits abgeschlossen. Durch die rechtliche Unsicherheit sind die Projekte nun auf Eis gelegt und durch Verzögerungen oder Abbrüche der Projekte drohen Schäden durch Schadensersatzforderungen im hohen zweistelligen Millionenbereich.
Weitere Notwendigkeit der Stilllegungsnachweise
Zu Bedenken ist auch, dass die volle Wirkung der Bestandsschutzregelung erst so richtig in den nächsten zwei – drei Jahren greift. Nämlich dann, wenn ein großer Schwung der BHKW aus der EEG-Vergütung ausläuft und stillgelegt wird. Allein in diesem Zeitraum ist mit der Stilllegung von einer kumulierten Leistung von mehr als 150 MWel und dem Wegfall von 3.000 GWh jährlichem Biomethanabsatz zu rechnen. Das neu geschaffene Förderinstrument der Biomethanausschreibung im EEG 2021 kann diesen Wegfall durch seine starke Limitierung der Betriebsstunden der BHKW nicht abfangen. Dies macht deutlich, dass die Bestandsschutzregelung auch weiterhin notwendig ist und dringender Reperaturbedarf seitens des Gesetzgebers besteht.
Hintergrund: Was bedeuten die Stilllegungsnachweise?
Mit Inkrafttreten des EEG 2014 wurde der Gasaufbereitungsbonus und die Boni für Einsatzstoffklassen bei der Verstromung von Biomethan in Blockheizkraftwerken (BHKW) gestrichen, was den Einsatz von Biomethan im BHKW für Betreiber unwirtschaftlich machte. In der Folge kamen der Neubau und die Inbetriebnahme von Biomethan-BHKW nahezu vollständig zum Erliegen. Dies stellte Biomethanerzeugungsanlagen, die sich im Betrieb befanden oder gerade im Bau waren, vor enorme wirtschaftliche Herausforderungen. Es waren bereits erhebliche Investitionen in Bau und Anlagentechnik getätigt worden, die nun aufgrund fehlender Abnehmer:innen und sinkendem Abnahmepotential nicht refinanziert werden konnten.
Aus diesem Grund hatte man zum Schutz dieser Biomethanerzeugungsanlagen eine Übergangsvorschrift in aufgenommen, die für alle vor 2015 in Betrieb gegangenen Biomethanerzeugungsanlagen ein konstantes Absatzpotential bis 2034 sicherstellen sollte. Um gleichzeitig jedoch die im EEG geförderte Leistung nicht zu erhöhen, wurde das Konzept der Stilllegungsnachweise erdacht. Nur falls ein Biomethan-BHKW, dass vor dem 1. August 2014 in Betrieb gegangen war, stillgelegt wurde, konnte im Gegenzug ein Erdgas-BHKW gleicher Leistung und Inbetriebnahme vor August 2014 auf Biomethan umgestellt werden. Das nun umgestellte BHKW erhielt dann eine Förderung über das EEG ab seinem Erstinbetriebnahmedatum (mit Erdgas), folglich bis max. Ende 2034.
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