Geplante Versteigerung von Stromquote hebelt den Quotenmarkt aus und schadet der E-Mobilität
Im neuen Bundesimmissionsschutzgesetz wird die Bundesregierung ermächtigt, ein Versteigerungssystem zu implementieren, das übrig gebliebene Quotenkontingente aus elektrischem Ladestrom per Auktion an Mineralölkonzerne verteilt. Das mindert den Wert der Stromquote und behindert die Elektromobilität.
Jüngst hat der Deutsche Bundestag die Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) im Verkehrssektor beschlossen. Die THG-Quote ist mit das wichtigste politische Instrument der Verkehrswende. Neben der Erhöhung der THG-Quote bereits ab 2022 hat die Gesetzgebung ihrem Werkzeugkasten ein neues Tool hinzugefügt. So enthält das im Mai novellierte Bundesimmissionsschutzgesetz, das die THG-Quote regelt, eine Ermächtigung der Bundesregierung, ein Versteigerungsverfahren für übrig gebliebene Minderungsmengen aus Strom durchzuführen: An quotenverpflichtete Mineralölkonzerne versteigert werden sollen Strommengen, die durch die Elektromobilität „verladen“, aber nicht als Quote angerechnet wurden. Für verpflichtete Unternehmen besteht ein großer Anreiz, auf diese Restmengen zuzugreifen, um ihrer THG-Minderungsobliegenheit auf einfachem Wege nachzukommen. Sollten sie im Laufe eines Referenzjahres nicht genug THG-Emissionen gemindert haben, können Sie sich durch die Ersteigerung von Restmengen den Zukauf von Minderungszertifikaten von Dritten sparen – und genau darin liegt das Problem.
Diese Erleichterung führt dazu, dass die Stromquote an Wert verliert und dass das Ziel der THG-Minderung, der Förderung alternativer Antriebe und des Quotenhandels ausgehebelt wird: Quotenverpflichtete Mineralölkonzerne haben die einfache Möglichkeit, auf Basis der vom Kraftfahrtbundesamt veröffentlichten Zulassungszahlen die zu ersteigernde Menge an Quote zu kalkulieren. Somit sinkt der Anreiz, Quote kleinteilig und kostspielig über Dritte wie Ladesäulenbetreibende oder Händler einzukaufen oder gar selbst erneuerbare Kraftstoffe einzusetzen. Das schadet somit den Erneuerbaren, dessen Einsatz weniger gefordert wird, und der Elektromobilität, der die zum Ausbau der Ladeinfrastruktur dringend nötigen Erlöse aus dem Quotenmarkt vorenthalten bleiben.
Es bedarf daher einer konkreteren und vor allem kontrollierteren Ausgestaltung der Versteigerung von Restmengen. Vor allem hinsichtlich der zeitlichen Rahmenbedingungen und der genauen Modalitäten sind nämlich noch viele Fragen offen. Wünschenswert wäre es, so fordert der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), eine breite Handelsplattform zu etablieren, die auch Verpflichtete und Dritte, die über Restmengen verfügen, zusammenbringt und sich damit nicht nur auf eine einseitige Versteigerung durch die Bundesregierung beschränkt. Das würde zusätzlich den Markt ankurbeln, statt ihn zu begraben. Außerdem sollten die zu ersteigernden Restmengen ausschließlich aus nicht-öffentlichen Ladesäulen stammen, um Doppelabrechnungen und Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden. Darüber hinaus sollten die Versteigerungsquoten erst im auf das Verpflichtungsjahr folgenden, übernächsten Jahr freigegeben werden, nachdem das Hauptzollamt seine Prüfung der einzureichenden Unterlagen abgeschlossen hat. Erst zu diesem Zeitpunkt ist auch klar, wie viel Quote die Verpflichteten wegen Übererfüllung mit ins nächste Jahr nehmen können und was sie schuldig geblieben sind.
Klar ist bereits jetzt: Wieviel das neue System tatsächlich zum Klimaschutz beiträgt, wird vor allem daran gemessen werden müssen, was mit den Geldern geschieht, die durch die Versteigerungen erlöst werden. Sofern diese nicht in weitere Klimamaßnahmen reinvestiert werden, wird aus einer gut gemeinten Idee das, was sich gerade der Verkehrssektor nicht weiter leisten kann: Ein Bremsklotz für die Verkehrswende.
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