Landwärme & Reverion gewinnen mit CC-Projekt den Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft 2022
Landwärme und Reverion haben mit ihrem gemeinsamen CC-Projekt den Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft in der Kategorie „Nachhaltige Erzeugung“ gewonnen. Die Innovation an der Biomethananlage im bayerischen Reimlingen zieht im Rahmen der Biomethanerzeugung aktiv CO2 aus der Atmosphäre.
Der Planet braucht dringend Negativemissionen: Ohne schnellen, aktiven Entzug von CO2 aus der Atmosphäre wird der Klimawandel mit seinen verheerenden Folgen nicht zu bremsen sein. Um die Dekarbonisierung als wohl wichtigstes Projekt unserer Generation voranzubringen, verleiht die deutsche Gaswirtschaft seit 1980 alle zwei Jahre den Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft.
In der Kategorie „Nachhaltige Erzeugung“ gewann dieses Jahr das Projekt der Unternehmen Landwärme und Reverion im bayerischen Reimlingen. Hier entsteht an der Biogasaufbereitungsanlage des Biomethanhandelsunternehmens Landwärme eine Erweiterung, die die Abscheidung und Endlagerung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS) ermöglicht. Damit gehen Landwärme und Reverion einen effektiven, kostengünstigen und ökologisch sinnvollen Weg, um schnell CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen.
Von der Biogasaufbereitung zur Speicherung und Nutzung von CO2
Das Grundkonzept ist denkbar einfach: Bei der Aufbereitung, also der Reinigung von Biogas zu Biomethan, ist die Abscheidung von CO2 ohnehin Teil des Prozesses. Der verbleibende hohe Methangehalt erlaubt eine Einspeisung ins Erdgasnetz und die flexible dezentrale Nutzung. Das abgeschiedene CO2 wird im nächsten Schritt verflüssigt und eingelagert – zum Beispiel in tiefen Steinschichten unter dem Meer (CCS). Alternativ kann es in technischen Anwendungen wie Feuerlöschern oder in der Lebensmittelindustrie als Kohlensäure Verwendung finden (Carbon Capture and Usage, CCU).
„CCS und CCU mit Biomethan können sofort Klimaeffekte liefern: Die Abscheidung von CO2 ist heute schon Teil der Biomethanerzeugung. Das machen wir seit Jahren“, erklärt Landwärme-Geschäftsführer Zoltan Elek. „Die Uhr tickt. Wir müssen so schnell es geht nicht nur die Emissionen runter, sondern auch das CO2, das zu viel in der Luft ist, aus der Atmosphäre bekommen. Das ist mit Biomethan in Kombination mit CCS kostengünstig und sofort möglich. In der Atmosphäre liegt der CO2-Gehalt bei rund 0,04 %. Daraus zum Beispiel mittels Direct Air Capture CO2 herauszufiltern, ist sehr aufwändig. Deutlich effektiver und einfacher ist das bei der Abscheidung von CO2 während der Aufbereitung von Biogas zu Biomethan. Denn hier kann es bei einem CO2-Gehalt von 30 – 50 % im Biogas deutlich einfacher abgeschieden werden. Hinzu kommt, dass der ohnehin bestehende Prozess bereits eingepreist ist. Die CO2-Abscheidung kommt quasi kostenlos dazu. Außerdem können 50 % der russischen Erdgasimporte durch Biomethan ersetzt und damit rund 70 Millionen Tonnen Negativemissionen erzeugt werden, sollten alle Biogaspotenziale in Deutschland bis 2030 genutzt werden“, rechnet Elek vor.
Reverion steigert Effizienz der Biogaserzeugung durch reversible Erzeugung von Biomethan, Strom und Wasserstoff
Mit der Anlage von Reverion wird der Standort Reimlingen noch innovativer ausgestattet. Das Unternehmen kombiniert Stromerzeugung mit der Gasaufbereitung. Ein Teil des Biogases wird mittels Brennstoffzelle höchst effizient zu Strom umgewandelt. Das dabei anfallende CO2 wird rückgeführt und während der bestehenden Gasaufbereitung abgeschieden. Kern des Prozesses ist die Kombination von Hochtemperatur-Festoxid-Brennstoffzellen mit einer katalytischen Methanisierung. Das System kann somit unter anderem Stromüberschuss im Netz nutzen und durch Elektrolyse Wasserstoff erzeugen. Stephan Herrmann, Gründer und Geschäftsführer von Reverion, stellt genau diesen Mehrwert für ein zukünftiges, rein regeneratives Energiesystem in den Fokus: „Mit unserer Technologie erreichen wir erstmals CO2-negative Stromerzeugung und können zusätzlich in Zeiten von hoher Solar- und Windstromerzeugung langfristig speicherbare Gase produzieren und dadurch die Importabhängigkeit aus Drittländern reduzieren“.
Der Prozess besteht im Wesentlichen aus fünf Schritten:
Grundlage ist die Biogasproduktion durch anaerobe Vergärung von nachwachsenden Rohstoffen sowie Reststoffen. Die nächsten zwei Schritte laufen parallel: Ergänzend zur klassischen Biogasaufbereitung kommt der Reverion-Kreislauf ins Spiel. Mithilfe von Hochtemperatur-Festoxidzellen (SOCs), die umschaltbar entweder als Brennstoffzelle oder als Elektrolyseur betrieben werden können, lässt sich sowohl erneuerbarer Strom aus Biogas als auch Biomethan und Wasserstoff aus überschüssigem Strom erzeugen.
Anschließend wird das CO2 zusammen mit Landwärme verflüssigt und in die Nutzung oder langfristig die Speicherung zum Beispiel in erschöpften Gasfeldern gegeben.
Im Unterschied zu konventionellen Blockheizkraftwerken ermöglicht die Reverion-Technologie eine doppelt so effiziente Verstromung von Biogas. In der innovativen Reverion-Anlage wird das Gas in die SOCs eingespeist und (teilweise) elektrochemisch in Strom sowie in ein Gemisch aus H2, CO, CO2 und H2O (also Wasser) umgewandelt. Das Abgas wird dann zu CH4, CO2 und H2O remethanisiert. Das Wasser wird kondensiert und das resultierende CH4/CO2-Gemisch (ähnlich wie Biogas) erneut dem Membransystem zugeführt. Dort wird das erzeugte CO2 abgetrennt und das CH4 in die SOC zurückgeführt.
Das CH4-Verfahrensschema mit geschlossenem Kreislauf ist das neuartige, patentierte Reverion-Verfahren und ermöglicht zum ersten Mal eine vollständige CH4-Umwandlung in CO2, was zu einem noch nie dagewesenen elektrischen Wirkungsgrad von 80 % (netto) und einer Produktion von reinem CO2 mit einer Ausbeute von -100 % führt. Hinzu kommt, dass das enthaltene CO2 dauerhaft gespeichert undoder zum Beispiel in synthetisches Gas umgewandelt werden kann.
Das CCS-Projekt von Landwärme und Reverion soll voraussichtlich 2023 in Betrieb gehen. Die Unternehmen planen dort eine jährliche Abscheidung von rund 10.000 Tonnen CO2. „Alle heute bestehenden Biomethananlagen in Deutschland könnten zusammen 2,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr aus der Atmosphäre ziehen“, zeigt Elek auf, „mit unserem Projekt legen wir den wichtigen Grundstein für den größeren Rollout und den schnellen Entzug von CO2 aus der Atmosphäre. Das ist ein sehr guter Start dafür, dass wir heute noch gar kein aktives CCS in Deutschland betreiben.“ Das hat auch die Jury überzeugt, dem Projekt den Preis zuzuerkennen.
Auch bei XPRIZE der Elon Musk Foundation weiter im Rennen für Auszeichnung für Carbon Removal Projekte
Erst im April wurde das Projekt unter Tausenden Bewerbungen weltweit auf Platz 22 der XPRIZE Milestone Awards 2022 gewählt. Der von der Elon Musk Foundation finanzierte globale Wettbewerb XPRIZE Carbon Removal unterstützt Technologie-Projekte, die Kohlendioxid aus der Erdatmosphäre entfernen. Der Wettbewerb ist auf vier Jahre angelegt und läuft seit April 2021. Nach einem Jahr Wettbewerb vergab die Jury am 22. April 2022 nun 15 Milestone Awards an die bislang eingegangenen Bewerbungen. 2025 endet der Wettbewerb mit der Bekanntgabe der finalen XPRIZE Carbon Removal Gewinner*innen. Landwärme und Reverion sind auch hier weiter im Rennen.
Re:Inventing Energy: Der Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft 2022
Der Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft präsentiert zukunftsweisende Energiekonzepte in Zusammenhang mit dem Energieträger Gas. Seit 1980 wird der Preis alle zwei Jahre verliehen und soll verdeutlichen, welches Potenzial in gasförmigen Energieträgern steckt. Gewinnen können Projekte, die innovative und effiziente Anwendungstechnologien mit Erdgas oder grünen Gasen entwickeln.
Vergeben wird der Preis für besonders sparsame und energieeffiziente Verfahren oder Anwendungstechnologien in Bezug auf die Förderung, Herstellung, Speicherung, den Transport oder die Nutzung von Erdgas oder grünen Gasen. Die Technologien müssen dabei einen hohen Innovationsgehalt sowie einen besonders nachhaltigen Umgang mit Ressourcen vorweisen und richtungsweisend den Klimaschutz voranbringen.
Die Jury des Innovationspreises der deutschen Gaswirtschaft besteht aus Vertreter*innen der Wissenschaft, Fachmedien und Verbänden der deutschen Gaswirtschaft. Träger des Preises sind der Bundesverband der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) und Zukunft Gas. Kompetenzpartner des Innovationspreises ist die Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch (ASUE). Wintershall Dea unterstützt den Preis zudem als Partner.
Weitere Informationen zum Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft finden Sie hier.
Über Landwärme
Die Landwärme GmbH ist ein unabhängiges und inhabergeführtes Unternehmen der Erneuerbare-Energien-Branche. Seit 2007 ist Landwärme als Biomethanhandels- und Dienstleistungsunternehmen europaweit tätig und beliefert hunderte Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerke mit Biomethan für den Strom-, Wärme- und Verkehrssektor. Landwärme berät zudem Kundschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette: zu Biomethanerzeugung, -transport, Vergütungsansprüchen oder Treibhausgasquoten. Mit einem Handelsportfolio von mehr als 3 TWh ist Landwärme zu einem der führenden Biomethanhandelsunternehmen Europas herangewachsen. Dabei bezieht das Unternehmen das grüne Gas von den eigenen Anlagen ebenso wie von insgesamt mehr als 100 verschiedenen Biomethanlieferanten.
Weitere Informationen zum Unternehmen finden Sie unter: www.landwaerme.de.
Über Reverion
Die Reverion GmbH ist ein Spin-off der Technischen Universität München. Das Start-up entwickelt die im Rahmen eines Forschungsprojekts erfolgreich validierte Technologie zur kommerziellen Reife weiter und vertreibt sie als Anlagenbauer. Die containerbasierten Anlagen können herkömmliche Gasmotoren mit ihren geringen Wirkungsgraden ersetzen und neben Biogas auch mit Wasserstoff betrieben werden. Darüber hinaus produzieren Anlagen reines CO2 als Nebenprodukt der Stromerzeugung, sodass sie CO2-negativ arbeiten können. Insbesondere sind sie aber reversibel, sodass in denselben Anlagen auch zeitweise anfallender überschüssiger erneuerbarer Strom aus Wind und Photovoltaik in Wasserstoff oder Methan als Erdgasersatz umgewandelt werden kann. Die Technologie vereint daher alle wesentlichen Kernelemente – Effizienzsteigerung, einen CO2-negativen Betrieb und saisonale Energiespeicherung im Großmaßstab – die für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende noch benötigt werden, in einer einzigen Anlage.
Weitere Informationen zum Unternehmen finden Sie unter: www.reverion.de.
Bildquellen: Landwärme & Reverion