CARBON MANAGEMENT STRATEGIE: BIOMETHAN ESSENZIELL FÜR NEGATIVEMISSIONEN
Die Bundesregierung möchte die Weichen für ein klimaneutrales Deutschland ab 2045 stellen. Aktuelle Eckpunkte für die Entwicklung einer Carbon Management Strategie (CMS) sowie einer Langfriststrategie Negativemissionen (LNe) zeigen einige gute Ansätze. Die Rolle von Biomethan in Kombination mit Carbon Capture and Storage als Carbon Removal-Lösung wird hierbei jedoch insbesondere in den Eckpunkten der CMS nicht ausreichend gewürdigt und sollte eine stärkere Gewichtung erhalten. Bei einem notwendigen schnellen Ausbau von CO2-Speicherinfrastruktur muss Biomethan mitgedacht werden. Außerdem gilt es, die Relevanz von technischen Negativemissionen in der Carbon Management Strategie fest zu verankern.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat Eckpunkte für eine Carbon-Management-Strategie (CMS) und zeitgleich für eine Langfriststrategie Negativemissionen zum Umgang mit unvermeidbaren Restemissionen (LNe) vorgestellt. Die Papiere sind gute erste Schritte in die richtige Richtung, doch werden wesentliche Konzepte nicht hinreichend berücksichtigt, die schon heute CO2 aus der Atmosphäre ziehen können.
- Die Carbon Management Strategie legt den Fokus vornehmlich auf die Vermeidung von Emissionen. Das Zielbild muss auch die aktive Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre festschreiben.
- Biomethan in Kombination mit Carbon Capture & Storage ist als einziger Energieträger bereits heute eine Carbon-Removal-Lösung: Biomethan kann schon Negativemissionen nachhaltig und kosteneffektiv erzielen. Erste preisgekrönte Leuchtturmprojekte existieren bereits. Solche mehrwertstiftenden Konzepte müssen auch in den Strategiepapieren berücksichtigt werden.
- Im Kontext Carbon Management ist insbesondere zu beachten, dass auch für technische Negativemissionen ein physischer CO2-Transport stattfindet. Die Infrastruktur ist hier also genauso relevant wie für Vermeidungstechnologien mit CCS. Eine Berücksichtigung in der CMS ist daher unumgänglich.
KLIMAPOSITIV 2050: DIE CARBON MANAGEMENT STRATEGIE UND LANGFRISTSTRATEGIE NEGATIVEMISSIONEN DER BUNDESREGIERUNG
Die Bundesrepublik will bis 2045 klimaneutral und ab 2050 klimapositiv sein: Dazu zielt Deutschland auf eine netto-negative Emissionsbilanz ab, was bedeutet, dass der Atmosphäre aktiv CO2 entzogen werden muss. Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung Eckpunkte für eine Carbon Management Strategie und eine Langfriststrategie Negativemissionen erarbeitet. Beide Strategien sollen einen Pfad in Richtung klimapositives Deutschland aufzeigen.
Als eine der wichtigsten Meilensteine auf dem Weg zur netto-negativen Emissionsbilanz steht in der CMS die Dekarbonisierung der Industrie. Dort fokussiert sich die Strategie auf Carbon Capture and Storage (CCS), mithilfe dessen industriell entstehende CO2-Emissionen abgeschieden und nachhaltig eingespeichert werden. Darüber hinaus bedarf es Technologien, die der Atmosphäre aktiv CO2 entziehen. Nur so können unvermeidbare Restemissionen ausgeglichen und vor allem auch die historisch bedingte Ansammlung an Emissionen umkehrt werden. Die schnellste, effektivste und kosteneffizienteste technische Lösung bildet eine ideale Synergie mit der Produktion von Biomethan: Bioenergy mit Carbon Capture and Storage (BECCS).
NACHHALTIGE NEGATIVEMISSIONEN DURCH BIOMETHAN MIT CARBON CAPTURE AND STORAGE
Carbon Dioxide Removal (CDR) mit Biomethan integriert die Verwertung und Verflüssigung von CO2 in den Produktionsprozess von Biomethan. Carbon Capture ist bereits Teil des Prozesses: Während der Vergärung bei der Biomethanproduktion geben organische Stoffe gespeichertes CO2 ab. Dieses CO2 wird im Rahmen der Biogasaufbereitung zu Biomethan separiert und kann für den Weitertransport verflüssigt werden. Anschließend ist eine industrielle Nutzung, zum Beispiel für Feuerlöscher oder in der Getränkeindustrie, zukünftig aber auch als Eingangsstoff für die Chemieindustrie oder Kraftstoffproduktion (Carbon Capture and Usage, CCU) oder eine permanente Speicherung möglich – entweder in ausgeförderten Erdgasfeldern. So werden nachhaltig Negativemissionen erzeugt. Die Relevanz von BECCS wird vom Weltklimarat (IPCC) bereits seit Jahren betont; über die Notwendigkeit von Negativemissionen besteht sowohl auf europäischer Ebene als auch in der Bundesregierung Konsens.
ERSTE LEUCHTTURMPROJEKTE LAUFEN BEREITS
In ganz Europa gibt es mittlerweile Projekte, die nachhaltig, dauerhaft und sicher die Speicherung von tausenden Tonnen an CO2 umsetzen. Der Schweizer Carbon-Removal-Pionier neustark beispielsweise integriert mit revolutionärer Technologie die Speicherung von CO2 in das Recycling von Abbruchbeton. In Island injiziert Vorreiter Carbfix bereits seit 2012 CO2 in bestimmte Gesteinsformationen, wo das Gas in unter zwei Jahren fast vollständig mineralisiert. Die Umsetzung dieser beiden Beispiele unter hohen wissenschaftlichen Standards und vollständiger Dokumentation beweist, dass CCS lang keine Zukunftsmusik mehr ist – sondern die Technologie von heute. Die Bundesregierung muss nun die Weichen für einen schnellen Ausbau der CO2-Speicherinfrastruktur stellen. Dabei ist unabdingbar, dass biogenes CO2 aus der Biomethanproduktion mitgedacht und inkludiert wird.
EU-WEIT MEHR ALS 55 MIO. T CO2 JÄHRLICH AUS DER ATMOSPHÄRE ZIEHEN
Die Technologie ist bereits verfügbar und kann schnell und kosteneffektiv in bestehende Biomethanproduktionsprozesse integriert und hochskaliert werden. Damit stellt die Lösung eine günstige Alternative zu dem deutlich kostenintensiveren Abscheiden von CO2 direkt aus der Luft dar (Direct Air Carbon Capture and Storage, DACCS). Allein die heute in Deutschland bestehenden Biomethananlagen bergen ein Potenzial von jährlich 2,5 Mio. Tonnen an Negativemissionen. Unter Einbezug des REPowerEU-Ziels, die Biomethanproduktion auf jährlich 35 Milliarden m3, also etwa 350 TWh auszubauen, besteht in der EU ein reelles Potenzial von 55 Millionen Tonnen an Negativemissionen bis 2030. Laut Weltklimarat ist der Beitrag von CDR mit Biomethan zu einer positiven Klimabilanz in Bezug auf Landnutzung sogar effektiver als die Aufforstung, die zwar auch eine wichtige Maßnahme zur Emissionseinsparung ist, aber mehr Landfläche beansprucht.
AUSBAU DER STRATEGISCHEN ROLLE VON BIOMETHAN FÜR DIE KLIMAZIELE DER BUNDESREPUBLIK
Als kosteneffektive, schnell skalierbare Technologie bietet Biomethan mit Carbon Removal großes Potenzial zur Erfüllung der deutschen Emissionsminderungsziele. Dabei kann Biomethan in Kombination mit CCS-Technologie Negativemissionen erzeugen und als Ersatz für fossile Brennstoffe einen Beitrag zur Transformation zu grünen Energieträgern leisten. Trotz dessen und der Kosteneffektivität ist das Konzept bisher nicht hinreichend in der CMS berücksichtigt. Während CCS laut den Eckpunkten bisher in der deutschen Industrie gefördert werden soll, besteht noch Unklarheit über die Förderung von BECCS. Innerhalb von Deutschland existieren bereits mehrere laufende und geplante Projekte, die ihr CO2 verflüssigen und weiterverwerten. Im nächsten Schritt bedarf es Anreize, um eine schnelle Skalierung anzuregen.
DIE NOTWENDIGEN SCHRITTE ZUR STÄRKUNG VON NEGATIVEMISSIONEN MITTELS BIOMETHAN
Die Bundesregierung muss nun verdeutlichen, dass sie es mit dem Kampf gegen den Klimawandel und der Förderung von CDR-Technologien ernst meint. Hierzu gehört:
Klarstellungen in der Carbon-Management-Strategie sowie der Langfriststrategie Negativemissionen:
- Klarifizierung der Berücksichtigung von technischen Negativemissionen in der Carbon-Management-Strategie: Die Strategie darf sich nicht ausschließlich auf die Vermeidung von Emissionen fokussieren, sondern muss klar im Zielbild die aktive Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre und die Nutzung der angedachten Infrastruktur mit diesen CO2-Mengen festsetzen. Carbon Removal mit Biomethan muss auch in der Carbon-Management-Strategie verankert werden.
- Definitorische Klarstellung von BECCS: Trennung von und separate Anreizsetzung für technische CDR-Lösungen wie CCS in Verbindung mit Biomethan und nature-based CO2-Senken wie Moore oder Aufforstungen
- Berücksichtigung von biogenen CO2-Mengen in Bezug auf den Zugang zu Transportinfrastruktur und Fördermechanismen (Pipelines)
Bildquelle: Matthias Neufeld | unsplash
WEITERFÜHRENDE LINKS
- Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Kohlendioxid als Rohstoff (16.04.2024)
- Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC): Summary for Policymakers (2018)
- Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK): Eckpunkte Langfriststrategie Negativemissionen (26. Februar 2024)
- Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK): Eckpunkte Carbon Management-Strategie (26. Februar 2024)
- European Commission: Biomethane (16.04.2024)
- Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): Gas kann grün: Die Potentiale von Biogas/Biomethan (26.04.2019)
- Neustark: Wie unsere Lösung funktioniert (16.04.2024)
- Carbfix: How it works (16.04.2024)