Verkehrspolitik: Klimaziele schon jetzt auf der Kippe
Mit dem Umsetzungsentwurf der RED II im Verkehrssektor ist abzusehen, dass Deutschland seine Klimaziele deutlich verfehlen wird. Branchenübergreifend kritisieren Verbände die zu geringen Ambitionen für mehr Erneuerbare im Verkehr.
Die EU hatte mit der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (Renewable Energy Directive, RED II) umfassende Regulierungen zur Förderung von erneuerbaren Energien im Verkehr beschlossen. Das Bundesumweltministerium (BMU) legte dazu nun einen Entwurf zur Umsetzung ins nationale Recht vor – und sieht sich mit breiter Kritik konfrontiert: Dem darin enthaltenen Vorschlag zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) fehlt jegliche Ambition, um einen wirksamen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele im Verkehr zu leisten. Sollte die Bundesregierung diesen Entwurf Realität werden lassen, würde sie sehenden Auges das erst letztes Jahr beschlossene, eigene Klimaschutzgesetz (KSG) ignorieren und die EU-Ziele deutlich verfehlen. Das bedeutet nicht nur wertvolle, verpasste Jahre für den Klimaschutz, sondern auch Strafzahlungen in Milliardenhöhe, wenn bei Nichterfüllung Emissionsrechte von anderen EU-Mitgliedsstaaten eingekauft werden müssen.
Mit dem deutschen Klimaschutzgesetz (KSG) und Klimaschutzprogramm hat sich die Bundesregierung einen verbindlichen Rahmen gesetzt, um auch im Verkehr Emissionen zu reduzieren. Um diese wirksam zu erreichen, ist das THG-Quotensystem ein effektives Instrument, um durch den Einsatz erneuerbarer Kraftstoffe sukzessive die Emissionen im Verkehr zu senken.
Die aktuell vorgeschlagenen Anpassungen sorgen jedoch für einen Rückschritt in der Verkehrswende: Die Emissionen werden zunächst um bis zu 4 Mio. t CO2eq im Vergleich zu 2019 steigen. Erst im Zieljahr 2030 würde es zu einem Absinken auf ungefähr dem Niveau von 2019 kommen.
Um hohe Pönalen zu vermeiden, die Klimaziele einhalten zu können und um eine reale Klimawirkung zu erzielen, sind sich branchenübergreifende Initiativen (die Bioenergieverbände mit HBB, VDB und FvB, die Automobilbranche mit dem MWV und dem VDA, die Energiewirtschaft mit dem BDEW und der dena sowie die Industrie (BDI) einig: Die THG-Quote muss angehoben werden – ab 2021 und jährlich in einem klaren Korridor bis 2030.
Eine höhere THG-Quote ist aus gleich mehreren Gründen notwendig:
- Sie würde den bereits vorhandenen Mengenpotenzialen an Biokraftstoffen gerecht werden, die maßgeblich für die THG-Emissionen des Verkehrs verantwortlich sind.
- Sie würde den schnellen Hochlauf der E-Mobilität und dem Zuwachs von Wasserstoff und Bio-LNG abbilden und damit gleichzeitig das wichtige Potenzial von Erfüllungsoptionen wie nachhaltige Biokraftstoffe beibehalten.
- Sie bietet der E-Mobilitätsbranche und den fortschrittlichen Biokraftstoffen Planungssicherheit.
- Sie erwirkt tatsächlichen und schnellen Klimaschutz im Verkehr. Die THG-Quote ist nämlich ein effektives Instrument zur einfachen und transparenten THG-Reduktion.
- Sie vermeidet Pönalen bei Nicht-Erfüllen der EU-Klimaziele.
- Sie sorgt dafür, dass die eigenen Klimaschutzziele aus dem Klimaschutzgesetz eingehalten werden.
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WEITERFÜHRENDE LINKS
- Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB): Stellungnahme zum Gesetzesentwurf zur Änderung des BImSchG und nachgelagerten Verordnungen zur Umsetzung der RED II im Verkehrssektor (15.10.2020)
- Mineralölwirtschaftsverband (MWV): Umweltministerium gefährdet Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft (27.10.2020)
- Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB): Biokraftstoffindustrie: BMU sollte Entwurf zur RED II-Umsetzung zurückziehen und tiefgreifend ändern (16.10.2020)
- Deutsche Energie-Agentur (dena): Stellungnahme der dena zum Referentenentwurf für ein Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote (29.10.2020)
- Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA): Stellungnahme zum „Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote und Verordnung zur Festlegung weiterer Bestimmungen zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote“ sowie der „Verordnung zur Festlegung weiterer Bestimmungen zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote (38. BImSchV)“ (15.10.2020)
- Bundesverband der deutschen Energie- & Wasserwirtschaft: BDEW fordert mehr Ambition bei Fortschreibung des Treibhausgas-Quotenhandels für den Verkehr (29.10.2020)
- Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI): Stellungnahme zur RED-II-Umsetzung (15.10.2020)
- Deutsche Umwelthilfe: FAQ: Klimaklage Verkehr der Deutschen Umwelthilfe (September 2020)
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